Humor und ein klangvoller Nachname
- Katharina | Food Style Affairs
- vor 5 Tagen
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Wenn alles gut läuft, werde ich demnächst heiraten.
Das Kleid ist genäht, die Blumen bestellt, die Limousine gewaschen und die Torte quasi schon gebacken. Kandidaten gibt es genug – ich muss mich eigentlich nur noch zurücklehnen und wählen. Kriterien: Humor und ein klangvoller Nachname. Den Humor wird der Mensch brauchen, wenn ich ihm erkläre, dass ich ihn eigentlich nur wegen seines Nachnamens heiraten möchte.
Aus Gründen möchte ich diesen nämlich gerne ändern. In Deutschland gibt es dafür aktuell nur zwei (Aus)Wege: Ich muss heiraten – oder ein psychologisches Gutachten vorlegen. Man sollte vielleicht eher Letzteres für Ersteres verlangen, aber das ist ein anderes Thema.
Dank dem etwas zu kurz gedachten Selbstbestimmungsgesetz können wir nun ganz fürchterlich progressiv einmal im Jahr auf dem Standesamt unser Geschlecht und unseren Vornamen ändern lassen – nur bei der Nummer mit dem Nachnamen hört der Spaß auf. Wenn das jede:r einfach so machen könnte – wo kämen wir denn da hin? Nee, dann lieber heiraten und die Scheidungsrate hochtreiben. Das erscheint mir auch logischer.
Da es im Schnitt sechs Monate dauert, überhaupt eine Chance auf einen Therapieplatz zu bekommen, und dann noch einmal sechs bis zwölf Monate, bis man dem Therapeuten seines Vertrauens erklärt hat, wie wichtig es sein kann, seinen Nachnamen zu ändern, ist die Hochzeit tatsächlich der schnellere Weg. Das einzig Gute daran: Für die spätere Paartherapie wäre dann schon ein Therapieplatz vorhanden. Da könnte es dann eventuell auch nochmal ums Namens-Thema gehen – wenn auch vermutlich anderer Natur.
Zurück zum deutschen Rechtssystem: In der BRD braucht es für eine singuläre Nachnamensänderung die Bereitschaft, einem Amt mit Hilfe eines Psychologen seine psychische Belastungsgrenze aufzuzeigen. Für eine Heirat hingegen braucht es nur einen Ring und ein „Ja“ (ja, ja – und einen Partner mit Nachnamen). Und wer seinen Vornamen oder das Geschlecht ändern möchte, braucht nur den Pass.
Der Nachname eines Menschen scheint also die wahre DNA der Gesellschaft zu sein. Es entsteht fast der Eindruck, dass der bürokratische Aufwand einer Nachnamensänderung einen höheren Status hat als das Ehegelübde – oder das eigene Geschlecht.
In Deutschland ändern wir unsere Identität nicht nach Gefühl – sondern nach Verfahren. Übersetzt heißt das: Du darfst dich einmal im Jahr komplett geschlechtlich neu definieren, aber nicht „Meier“ gegen „Klingenberg“ tauschen, weil du dich damit wohler fühlst. Denn das wäre ja… leicht. Und was leicht ist, ist verdächtig.
Also wird geheiratet – aus Liebe zum Nachnamen. Ja, ich will!
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